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Gemeinde Aldenhoven

Marienwallfahrtsort Aldenhoven

Im Februar 2002 wurde uns von Silke Lübke aus Dürboslar diese Facharbeit zum Thema "Der Marienwallfahrtsort Aldenhoven - Spielt er heute noch eine Rolle?" zur Verfügung gestellt.

Vorwort

Ich habe das Thema „Der Marienwallfahrtsort Aldenhoven- spielt er heute noch eine Rolle?“ ausgewählt um ein wenig mehr über die Marienverehrung, besonders in unserer Region, zu erfahren. Obwohl ich in der Nähe von Aldenhoven wohne, wusste ich bisher nicht wieso Aldenhoven überhaupt zu den Marienwallfahrtsorten zählt. Ich sehe diese Facharbeit unter anderem als Möglichkeit in die Geschichte des Ortes Aldenhovens einzublicken und somit meine Umgebung besser kennenzulernen bzw. tiefer zu erforschen.

Dazu werde ich mich beim Pfarrbüro Aldenhoven kundig machen, eventuell mit dem Pfarrer persönlich sprechen, in Bibliotheken gehen und dann das Material auswerten und bearbeiten.

Darin wird auch die Schwierigkeit bestehen, sowie auch das Formulieren eines verständlichen jedoch sachlich korrekten Textes.

Was ist ein Marienwallfahrtsort?

Seit jeher lässt sich der Glaube in vielen Religionen dadurch nachweisen, dass sich die Götter an bestimmten Orten in besonderer Weise den Menschen gegenüber offenbaren.¹ Solche Orte üben auf den Menschen etwas Unbegreifliches, Faszinierendes aus, welches sie dazu bewegt diese Orte zu heiligen, anzubeten und heimzusuchen.

Auch im Christentum ist ein solcher Glaube aufzufinden. Durch die Menschwerdung Jesu und somit dem Beweis, dass sich Gott in Individuen offenbart, lässt sich auch der Glaube vertreten, dass Gott „Orte dem Menschen durch ihre Eigenschaften besonders wert machen kann oder Orte durch eine übernatürliche Offenbarung auszeichnen kann.“²

Hier steckt allerdings ein Widerspruch zur christlichen Lehre, welche besagt, dass Gott immerzu, egal an welchem Ort, durch das Gebet angerufen werden kann.³ Dennoch gehören Wall- und Pilgerfahrten zum Brauch der Kirchengeschichte.

Diese feierlichen Prozessionen dienen zur „Anbetung und Verehrung der Gnadenbilder“⁴, die am Wallfahrtsort aufgesucht werden. Die Gnadenbilder stellen heilige Personen dar, denen z.B. „besondere Frömmigkeit oder wundertätiges Wirken zugeschrieben werden.“⁵ Eine Wallfahrtsreise kann auch den „Charakter einer Bußleistung“⁶ haben – dies hängt aber von den gebrachten Opfern bzw. Entbehrungen, die die Reise mit sich bringt, ab.

Im Laufe der Zeit setzte sich die Wallfahrt zu Maria verstärkt durch. Dies lässt sich dadurch erklären, dass „Maria als Mutter besonders die Frauen angesprochen haben muss.“⁷

Aufgrund der Kreuzigung ihres eigenen Sohnes ist das Leid Marias zu erklären und so lässt sich der Glaube rechtfertigen, dass Maria für unseren Kummer Verständnis hat, den Sündern Zuflucht gewährt und „bei ihrem Sohn Jesus für uns bittet“.⁸

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¹ Bers, 1986 S. 1
² Bers, 1986 S. 2
³ Bers, 1986 S. 3
 Das Moderne Lexikon, Band 20 S. 7
 Das Moderne Lexikon, Band 20 S. 7
 Das Moderne Lexikon, Band 7 S. 136
 Bers, 1986 S. 3
 Vroomen J./ Kupper A., Mein Heimatbuch S. 147

Die Entstehungsgeschichte

Die Aldenhovener Pfarrkirche wurde um 1500 außerhalb der Befestigungsmauern, die bis zum Aachener Tor (heutiger „Alter Turm“) reichten, errichtet. Sie wurde an der Stelle erbaut, an der früher ein kleine Feldkirche gestanden hat, die als Gotteshaus für die umliegenden Dörfer gedient hat.²

Im Mai 1654 ging der „fromme und einfältige“ Bürger Dietrich Mülfahrt mit seinem Gewehr auf die Vogeljagd und hielt sich nahe der Pfarrkirche auf, als er in einer Höhlung eines Lindenbaums ein Bild der Mutter Gottes entdeckte.³

Gnadenbild als Postkarte

Das Bild war etwa 11 cm hoch und stellte Maria „umgeben von einem Strahlenkranz“ dar, die „in ihrer Rechten ein Zepter hält“ und in ihrer Linken das Jesuskind im Arm hält. Sowohl Maria als auch das Jesuskind trugen Kronen auf ihren Häuptern.⁴ Die Marienstatue soll aus einer Antwerpener Schnitzschule⁵ stammen und etwa im 14. Jahrhundert entstanden sein.⁶

Dietrich Mülfahrt holte daraufhin seine Freunde Johann Gatzweiler und Martin Lennartz, diese sahen die Statue anscheinend als ein „Zeichen des Himmels“7) und die drei Freunde hielten von nun an jeden Abend eine Andacht bei dem Marienbildlein im Lindenbaum.

Eines Abends sahen sie ein „wunderbares Leuchten, als ob Kerzen gebrannt hätten“.8) Dies veranlasste sie an der Stelle des Lichtscheins ein „Heiligenhäuschen“ zu errichten und das Bildnis hineinzustellen.⁹

Während des Baus des Heiligenhäuschens brachte der damalige Pfarrer Reiner Brewer, dem mittlerweile von dem gefundenen Marienbildleins berichtet worden war, die Statue auf den Hochaltar in die Kirche.¹⁰

Veranlasst wurde dies wiederum von Georg Pauli- Stravius, dem Kölner Generalvikar und Weihbischof, der auf der Durchreise einen Zwischenstop in Aldenhoven machte.

Er war ein wenig skeptisch und wollte die Statue vorsorglich vor Missbrauch und Aberglauben schützen.¹

Nach Fertigstellung des Heiligenhäuschens, etwa drei Tage später, war das Bildlein nicht mehr aufzufinden. Zu Dietrich Mülfahrts Freude besaß eine Bürgerin Aldenhovens namens Martina Gatzweiler ein sehr ähnliches Marienbild, welches sie von Verwandten aus Antwerpen erhalten hatte und wahrscheinlich dergleichen Schnitzschule entstammt wie das Marienbildlein, welches Dietrich Mülfahrt im Lindenbaum gefunden hat. Der Kaplan Johann Moll stellte die „neue“ Statue in das Heiligenhäuschen, damit sie dort verehrt und angebetet werden konnte.

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¹ Bers, 1986 S. 10
² Vroomen J./ Kupper A., Mein Heimatbuch S. 15
³ Bers, 1986 S. 9
 Artikel S. 174
 Vroomen J./ Kupper A., Mein Heimatbuch S. 148
 Artikel S.174
 Bers, 1986 S. 10
 Vroomen J./ Kupper A., Mein Heimatbuch S. 147
 Bers, 1986 S. 10
¹⁰ Bers, 1986 S. 10

Die Entwicklung zum Wallfahrtsort

Die Nachricht des gefundenen Marienbildleins und der Erbauung eines Heiligenhäuschens sprach sich rasch in der Gegend herum. Wahrscheinlich war es die Neugier oder die Hoffnung auf einen neuen Anhaltspunkt nach 30 Jahren des Kriegs, die schon bald Menschen aus der Umgebung anzog die Statue anzusehen und zu verehren.

Schon aus dem Jahre 1655, ein Jahr nachdem das Bildlein aufgefunden wurde, sind Genesungen von Kranken und Gebetserhörungen nachweisbar.

Jacob Spengeler, Bürger der Stadt Düren, hatte ein sechsjähriges Söhnlein Franz Thomas genannt, so anderthalb Jahr lang an seinen Füssen so lahm ware, daß es ohne Krücken weder gehen noch stehen konnte, wie der gantzen Stadt Düren bekennt gewesen. Als der Vatter aber auff Anmahnen seiner Nachbahren, und auß starckem Vertrauen auf die Vorbitt Mariä ihm festiglich vorgenohmen, das Kind nacher Aldenhoven zu führen, hat er gleich an selbigen die Besserung verspühret; darauff er am 3. Julii das Kind, wiewohl in einem grossen Regen, in seiner Bodten dahin gebracht, Gott und Mariam lobend und danckend seine Krücken daselbst auffgeopffert, und am 4. Julii dem Herrn Schultheiß zu Düren Matthias Mockel bezeuget, und kann daselbst von Geist- und Weltlichen bezeugt werden.“²

Dies ist ein Beispiel von insgesamt 68 bekannten Mirakelberichten Aldenhovens. Mirakelberichte beschreiben Wunder; Dinge die man auf natürliche Art und Weise nicht erklären kann. Jene Ereignisse bestärkten die Verehrung in Aldenhoven und veranlasste viele Gläubige den Ort aufzusuchen um dort zu beten. Doch es war nicht nur die Hoffnung auf eine Heilung oder eine Gebetserhörung, die die Pilger nach Aldenhoven zog. „Warum sich nun gerade Aldenhoven zu einem Wallfahrtszentrum entwickeln konnte, muss offen bleiben, wenn man sich nicht mit der Antwort zufrieden geben will, die schon ein Aldenhovener Pilgerbüchlein von 1699/1737 gibt: Es lehre die Erfahrung, dass es der Jungfrau Maria an einem Orte mehr gefalle als an einem anderen, die Liebe Gottes an andächtige Menschen zu vermitteln, damit die Betrübten Trost, die Bresthaften Gesundheit, die Sünder Verzeihung und die Gerechten Vermehrung erlangen möchten.“¹

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¹ Bers, 1986 S.  6 / 7
² Bers, 1986 S. 92 nach Civitas Refugii 1737, S. 87 - 88

Die Erbauung der Gnadenkapelle

Gnadenkapelle Aldenhoven

Ein überregionales Ansehen Aldenhovens als Wallfahrtsort erfolgte jedoch erst ab dem Jahre 1659, in dem Herzog Philipp Wilhelm von Jülich an der Stelle des Heiligenhäuschens und somit an der Stelle der Lichterscheinungen die Gnadenkapelle erbauen ließ. Die Gnadenkapelle hat eine oktogonale Form und hat ein Dach in Form einer Haube. Eintritt gewährt sie von zwei Seiten, so dass Prozessionen leicht durchziehen können.

Im Inneren der Kapelle befindet sich ein Altar barocker Art aus dem Jahre der Erbauung. Das Marienbildlein ist in einem Kasten, der mit edlen Steinen und wertvollem Schmuck verziert ist, in den Altar eingelassen. Stets brennen Kerzen um die ewige Präsenz Gottes bzw. der Gottesmutter zu symbolisieren.

Die Gnadenkapelle ist nach dem Vorbild der Altöttinger Kapelle errichtet worden. Zu erklären ist dies durch die Tatsache, dass der Herzog von Jülich „mit seiner Nebenlinie der Wittelsbacher verwandt war“.

Zuflucht der Sünder

Schnell bürgerte sich der Name „Zuflucht der Sünder“ in Aldenhoven ein. Unter diesem Namen wird Maria noch heute in Aldenhoven verehrt.

Der Name zeigt, dass Maria allen Menschen, den Sündern, Zuflucht gewährt. Sie ist unsere Mutter, die ihre schützenden Hände über uns ausbreiten und für uns bitten soll.

Bei ihr fühlen wir uns besonders verstanden; bei ihr die selbst ein grenzenloses Leid erfahren hat.

Die Marienwallfahrt in ihrer Blütezeit

Das achtzehnte Jahrhundert bedeutete für Aldenhoven als Wallfahrtsort die Blütezeit. „Das Festbüchlein zur Hundertjahrfeier nennt 118 000 Wallfahrer“, die nicht nur aus der Umgebung sondern auch aus Maastricht und Aachen nach Aldenhoven pilgerten.¹

Dies ist unter anderem erklärbar durch die günstige Lage Aldenhovens an der Verkehrsachse Köln – Aachen – Maastricht – Antwerpen.² Somit war Aldenhoven für die umliegenden großen Städte leicht zu erreichen. Es lässt sich vermuten, dass die Gemeinde Aldenhoven zur Hundertjahrfeier im Jahre 1754 besondere Festlichkeiten angesetzt hatte und dies die Pilger zusätzlich angezogen hatte.

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¹ Reißner H., Artikel „Zuflucht der Sünder in Aldenhoven“
² Bers, 1986 S. 7

Die Betreuung der Wallfahrt

Für die Betreuung der Wallfahrt in Aldenhoven waren die in Jülich ansässigen Kapuzinermönche zuständig. Sie wanderten jeden Tag nach Aldenhoven, um dort seelsorgerische Tätigkeiten zu übernehmen. Im Jahre 1661 liess der Jülicher Herzog neben der Gnadenkapelle ein Kloster errichten, damit die Kapuziner sofort an Ort und Stelle waren, um die Pilger bzw. Wallfahrer zu betreuen.

Das Kloster bot Platz für 100 Mönche, bestanden hat es bis 1802.

Nähere Informationen gibt es leider nicht, da in der Säkularisation alle Unterlagen verloren gingen. Das Pfarrarchiv von Aldenhoven wurde im Krieg zerstört, somit weiss man nur wenig über das alte Kapuzinerkloster in Aldenhoven und die genauen Tätigkeiten der Mönche.

Die wirtschaftliche Bedeutung der Wallfahrt

Andachtsbildchen vom Ende des 19. Jahrhunderts

Mit steigender Anzahl der Pilger in Aldenhoven stieg auch die Anzahl der Nachfragen in Hotels, Pensionen und Gästehäusern. Zudem musste für das leibliche Wohl der Pilger gesorgt werden. So kam es, dass die Händler einen Markt in den Oktaven, der Pilgersaison, organisierten und veranstalteten.

Dort wurden auch Souvenirs wie Marienbilder, Marienfiguren und andere Andenken verkauft.¹

Trotzdem war die Wallfahrt nicht von gravierender wirtschaftlicher Bedeutung für Aldenhoven, da die meisten Pilger nur zu den Oktaven, also saisonsweise, kamen oder aus der Umgebung kamen, so dass sie nicht in Aldenhoven übernachten mussten, sondern bis zum Abend wieder zu Hause waren.
Ausserdem hielten sich die Pilger nur etwa drei bis vier Stunden am Ort auf.² Die folgende Skizze, entnommen aus dem Buch „Mein Heimatbuch“ (Vroomen J./ Kupper A., S. 151), stellt dar, aus welchen Orten die Menschen zu Fuß nach Aldenhoven kamen.

Karte über Orte, aus denen Pilger nach Aldenhoven kamen

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¹ Vroomen J./ Kupper A., Mein Heimatbuch S. 151
² Bers, 1986 S. 69

Der Garekicker

Garekicker Aldenhoven

Das etwa im Jahre 1989/ 1990 am Place d`Albert in Aldenhoven aufgestellte Denkmal zeigt einen Mann in „Feiertagsstellung“ mit Hut und Pfeife, der aus einer zweigeteilten Haustür schaut und ein Bein lässig auf einem Bänkchen stehen hat. Der „Garekicker“ ist eine Plastik aus Bronze von Peter Hodiamont. "Garekicker" bedeutet der aus der Haustür Schauende. Diese alten Haustüren heissen im Dialekt heute noch "Gare" und "Kicker" bedeutet der Guckende, Schauende oder Beobachtende.
"Dieser Mann soll ein Stück Mentalität aus der Blütezeit es Wallfahrtsortes verkörpern."¹ Es heisst, dass die Aldenhovener damals eher passiv waren und die Prozessionen beobachtet haben, die den Ort auf dem Weg zur Gnadenkapelle durchquert haben. Sie wollten sich den Massen nicht anschließen, denn "sie hatten ja das ganze Jahr über engen Kontakt zu ihrer Kirche."

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¹ Vroomen J./ Kupper A., Mein Heimatbuch (aus der Jülicher Volkszeitung vom 12.05.1989)

Erläuterungen und Hinweise

Bildnachweise

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